Es war ein ziemlich sonniger Tag, ich hatte gute Laune und voller Elan
war ich bereit mir ein Exemplar des Typus Finanzberater in Natura
anzusehen. Durch ein schon „sechs“ Jahre „sehr gut“ funktionierendes
Programm meiner Universität bin ich an dieses „exklusive“ und
selbstverständlich „kostenlose“ „Premiumgespräch“ gekommen. Jedenfalls
sagte man mir das so bei der Terminvereinbarung am Telefon. Ehrlich
gesagt habe ich zu Weihnachten nur einen kostenlosen Glühwein abstauben
wollen und hab im Gegenzug bei einer Verlosung dieses Unternehmens
teilnehmen müssen. Für Studenten also sehr attraktiv, lass deine Daten
da und bekomme Geld und Alkohol. Ich entsinne mich jedoch explizit
gesagt und schriftlich hinterlegt zu haben, dass ich in Zukunft keine
weiteren Dienstleistungen oder Informationen angeboten bekommen möchte.
An letzteres hat an sich dann im Endeffekt gehalten.
Jedenfalls stand ich dann vor einem großen Bürokomplex und freute mich
meinen ersten (*jubel*) persönlichen Finanzberater in wenigen Minuten
kennenzulernen. Es stellte sich heraus, dass der Herr mit dem ich
meinen Termin nur ein fast 30 Jahre alter Trainee zu sein schien. Mein
erster Gedanke war nicht, „oh Gott ein Trainee“ nein, er war „Oh Gott
der ist fast in Rente und immer noch Trainee, will ich das auch?!“. Der
nächste Gedanke war kurz und prägnant: „Nein!“ Nachdem Ich den ersten
Schock schnell verdaut hatte begrüßte ich Herrn Finanztrainee und ließ
mich in sein kleines 5 qm Domizil führen, in dessen Mitte ein kleiner
Glastisch, drei Stühle und ein Traineeausbilder, perfekt zu den
Himmelsrichtungen ausgerichtet, drapiert waren. Moment. Ausbilder?
Innerlich stellte ich mich schon auf zwei Stunden Kreuzverhör, schlechte
Präsentationen und zwei vermutlich komplett vom
BWL-Stumpfsinnigkeitsvirusses vereinnahmten bemitleidenswerten Wesen
ein. Bevor ich es vergesse. Der Anlass des Gesprächs war das Erstellen
meiner persönlichen Finanzstrategie. Kann ja nicht schaden so etwas
schon einmal mit 20 gemacht zu haben. Schließlich ist man ja gut
verdienender BAföG Empfänger und Ebbe herrscht so gut wie nie auf dem
Konto. Das war den beiden auch mehr als bewusst und deswegen versuchte
man mir auch Basistarif-Versicherungen, die mich insgesamt wohl mein
ganzes BAföG gekostet hätten, aufzuschwatzen. Aber ich hätte garantiert
eine 100% abgesicherte Zukunft gehabt. Dazu später mehr.
Was mir gleich auffiel waren hübsche Pappflyer und irgendwelche
Vertragsunterlagen, die offen auf dem Tisch lagen. Die
Vertragsunterlagen selbstverständlich mehr oder weniger verdeckt aber
die mit einem neonorangen Marker unterlegten Schlagwörter in diesem
Waschmaschienenkaufvertrag schienen durch sämtliche Abdeckungen
hindurch. Da ahnte ich schon, dass ich dieses mehrseitig (*ich hasse
übrigens das folgende besonders*) ZUSAMMENGETAKERTE und MARKIERTE
Dokument zu unterschreiben hatte. „So bevor wir anfangen Herr * nichts
wissender* Student, bitten wir Sie noch schnell diesen
Versicherungsvertrag zu unterschreiben, lesen Sie sich die Unterlagen
doch noch einmal kurz durch, die Wichtigen stellen haben wir für Sie
schon markiert.“. Wusste ichs doch! Naja in das Spiel steige ich mal mit
ein, schließlich war das ja die Kernaufgabe des Trainees mir dieses
Stück Papier unterschrieben wieder zu entlocken. „Ja kein Problem, ich
schlage vor, dass wir das Gespräch fortsetzen und nebenbei les ich mir
den Vertrag in Ruhe durch.“ „Können sie das denn?“ Entgegnete der
Ausbilder. „Ja selbstverständlich, ich kann meine Aufmerksamkeit gezielt
auf einzelne Dinge lenken“. Was den beiden nun grinsenden
Finanzexperten wohl zu entgehen schien war die Tatsache, dass ich nun
offen gesagt hatte Ihnen in den kommenden Minuten nicht mehr zuzuhören.
So kommentierte ich die komplette Einführung mit zustimmen
Grummellauten. Das war mehr als genug Bestätigung für den Herrn Trainee,
welcher stets bemüht war mir aus seiner Broschüre vorzulesen. Natürlich
waren auch hier die Schlagwörter schon markiert und parallel durfte ich
auch mitlesen. Premium Service nenne ich so etwas.
Der Höhepunkt war dann eine Zeitleiste in der ich doch bitte die
Entscheidenden Phasen meines Lebens umkreisen sollte. Da diese durch
sehr harmonisch wirkende Bilder, welche ich zuletzt in der letzten
Wachturmausgabe gesehen hatte, dargestellt waren, fiel es dem Trainee
sichtlich schwer ganze Sätze zu bilden. So blieb es bei zwei Wort
Satzkonstrukten. „Ehm Familie“ „Öh Rente“ „Und Erbe“. So verkauft man
Produkte, durch kurze Einprägsame Wörter und Bilder! Spätestens an dem
Punkt ahnte ich schon, dass ich hier den wohl zwei inkompetentesten
Finanzberater in der Geschichte der Menschheit gegenüber saß. Die
Befürchtung wurde zur Gewissheit als mir dann dank meines
ausgezeichneten Studentenkontosaldos von stets gegen Null gehend die
vorhin angesprochenen Basisversicherungen angeboten wurden. Ich frage
mich immer noch, welchen Sinn eine Berufsunfähigkeitsversicherung (kurz
BU, damit es fachlicher klingt. JAAA BWLer LIEBEN Abkürzungen) für einen
wie mich ohne Beruf und Abschluss bringen würde. Ich habe mir
diesbezüglich Unterlagen schicken lassen. Darunter auch zwei sehr
aussagekräftige Artikel aus der BILD. Gespickt mit viel Angst, Hass, dem
Wetterteil und dem Mädels von der Rückseite. „Armut ohne Vorsorge!“
steht in großen Lettern über dem Dreizeiler.
Die „BU“, wie die beiden Genies meinen vorerst finanziellen Tod
bezeichneten, hätte mich auch nur 75 Euro im Monat gekostet. Ein
Schnäppchen, schließlich könnte ich ja morgen von einem Bus schwer
verletzt werden und dann meinen Beruf als Student nicht mehr ausüben.
Furchtbar wie viel Studentengehalt da flöten gehen würde.
Sichtlich enttäuscht steckte ich den hübschen Vertrag in meine Tasche,
suchte noch nach ein paar netten Worten und verabschiedete mich höflich.
Eins steht fest. Ich such mir irgendwann mal einen fähigen
Steuerberater und bin lieber kein Premiumkunde. Das spart Zeit und ich
hätte den hübschen Tag auch genauso gut die Vorbereitung meiner noch
nicht bestandenen Matheklausur bei einem Bierchen mit Freunden im
Biergarten anfangen können. Der Nutzen wäre ebenfalls gleich Null
gewesen und ich hätte wenigstens was für mein Geld bekommen.
- Norbert